Dünnschichten zur effizienteren Wärmeübertragung in elektrokalorischen Wärmepumpen

Dresden /

Mit dem Ausstieg aus fossilen Energien und zur Erreichung der Klimaziele werden alternative Technologien zum Heizen und Kühlen gebraucht. Gängige Wärmepumpen und Klimaanlagen sind jedoch laut, verbrauchen viel Strom und nutzen klimaschädliche Kühlmittel. Deshalb arbeiten Wissenschaftler weltweit an elektrokalorischen Wärmepumpen – sie nutzen Materialien, die beim Anlegen eines elektrischen Feldes ihre Temperatur verändern können und dadurch Wärme oder Kälte erzeugen. Innerhalb des Fraunhofer-Leitprojektes ElKaWe hat das Fraunhofer-Institut für Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP einen bedeutenden Fortschritt in der Entwicklung von Dünnschichten zur Verbesserung der Wärmeübertragung in elektrokalorischen Wärmepumpen erzielt. Die neuesten Forschungsergebnisse werden während der Konferenz und Ausstellung PSE 2024 vom 2. - 5. September 2024 in Erfurt vorgestellt.

Batchanlage UNIVERSA des Fraunhofer FEP, mithilfe derer die magnetron-gesputterten Metalloxidschichten hergestellt wurden
© Fraunhofer FEP
Environmental-Rasterelektronenmikroskop-Aufnahmen (ESEM) der Benetzungsdynamik einer unbeschichteten (links) und beschichteten (rechts) elektrokalorischen Komponente zum gleichen Zeitpunkt und mit identischen Druck-Zeit-Kurven

Angesichts der ehrgeizigen Klimaziele Deutschlands, die eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 65 % bis 2030 im Vergleich zu 1990 vorsehen, und des geplanten Ausstiegs aus fossilen Energien zu Heizzwecken steigt der Bedarf an alternativen Technologien zum Heizen und Kühlen. Wärmepumpen bieten hier bereits gute Alternativen, um im Winter heizen und im Sommer kühlen zu können. Allerdings sind herkömmliche Wärmepumpen und Klimaanlagen laut, haben einen hohen Stromverbrauch und nutzen klimaschädliche Kältemittel.

Aus diesem Grund arbeiten Wissenschaftler weltweit an der Entwicklung elektrokalorischer Wärmepumpen. Auch sechs Fraunhofer-Institute bearbeiten verschiedene Forschungsschwerpunkte dazu innerhalb des Leitprojektes ElKaWe. Diese innovativen Wärmepumpen nutzen Materialien, die beim Anlegen eines elektrischen Feldes ihre Temperatur verändern können, und dadurch Wärme oder Kälte erzeugen. Außerdem kommen sie ohne schädliche Kältemittel aus und zeichnen sich durch eine höhere Energieeffizienz aus, was zu einer Reduktion des Energieverbrauchs und somit der CO₂-Emissionen führt. Die kompakte Bauweise und die geringere Geräuschentwicklung erhöhen zudem die Einsatzmöglichkeiten dieser Technologie in urbanen und sensiblen Umgebungen.

Oberflächenbenetzbarkeit für optimale Wärmeübertragung

Die Wärmeübertragung in elektrokalorischen Wärmepumpen erfolgt durch latente Wärme, wenn das Arbeitsfluid auf den elektrokalorischen Materialien verdampft bzw. kondensiert. Eine optimale Wärmeübertragung erfordert eine vollständige Benetzung der Oberfläche der elektrokalorischen Komponenten durch das Arbeitsmedium. Da diese Oberflächen zunächst hydrophob, d.h. nicht benetzbar sind, hat das Fraunhofer FEP superhydrophile Metalloxid-Dünnschichten mittels Magnetronsputtern entwickelt, die diese Herausforderung adressieren.

Materialien wie Titandioxid sind bekannt für ihre Eigenschaft der photoinduzierten Hydrophilie. Damit kann man eine benetzbare Oberfläche erreichen, solange sie regelmäßig mit UV-Licht aktiviert wird. Innerhalb einer elektrokalorischen Wärmepumpe ist eine regelmäßige UV-Aktivierung jedoch nicht praktikabel.

Die am Fraunhofer FEP entwickelten Dünnschichten bieten eine dauerhafte Hydrophilie, die nicht nur auf der intrinsischen hydrophilen Natur der Materialien, sondern auch auf ihrer mesoporösen Mikrostruktur basiert. Diese Mikrostruktur besteht aus Poren mit Durchmessern zwischen 2 und 50 nm, die Kapillareffekte auf der Nanometerskala fördern und so die Flüssigkeitsausbreitung auf der Oberfläche verbessern.

Maria Barrera, Doktorandin und Projektbearbeiterin am Fraunhofer FEP, erläutert weitere positive Effekte: „Wir haben Studien zur Tröpfchendynamik durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass die beschichteten elektrokalorischen Komponenten eine höhere Tröpchennukleation und Wachstumsrate aufweisen als unbeschichtete Komponenten. Dies ermöglicht es, innerhalb einer Sekunde mehrere Zyklen von Kondensation und Wiederverdampfung zu durchlaufen. Dank der mesoporösen Beschichtungen bleibt fast die gesamte Fläche während der Kondensationsprozesse aktiv. Das verbessert also die Wärmeübertragungsleistung erheblich.“

Superhydrophilie durch Metalloxid-Dünnschichten mittels Magnetron-Sputtern

Die Untersuchungen zur Tröpfchenkondensation haben gezeigt, dass die neuen Beschichtungen die Wärmeübertragungsrate durch beschleunigtes Tröpfchenwachstum um bis zu zwei Größenordnungen verbessern können. Kondensations- und Verdampfungsprozesse laufen auf superhydrophil beschichteten Oberflächen deutlich schneller ab als auf unbeschichteten.

Das Fraunhofer FEP ist seit Jahrzehnten Experte für die Entwicklung von dünnen, funktionalen Schichten sowie Prozessen zu deren Abscheidung vom Labor- bis zum Pilotmaßstab. Eine der Kernkompetenzen des Institutes liegt in der Realisierung dünnster Schichten mittels Magnetron-Sputter-Verfahren. Die Entwicklung der hydrophilen Metalloxidschichten wurde im Labormaßstab auf der institutseigenen Batchanlage UNIVERSA zur Beschichtung von 3D-Substraten durchgeführt.

Die erreichte dauerhafte Superhydrophilie der Schichten macht diese besonders geeignet für den Einsatz in Festkörperkühlgeräten wie elektrokalorischen Wärmepumpen. Darüber hinaus können diese Dünnschichten in Anwendungen eingesetzt werden, bei denen eine schnelle Tröpfchennukleation oder eine vollständige Benetzung der Oberfläche durch eine Flüssigkeit entscheidend sind.

„Die Entwicklung der elektrokalorischen Wärmepumpe hat das Potenzial, ein Game-Changer für nachhaltige Wärmepumpentechnologie zu werden“, meint Maria Barrera weiter. Die Forschenden befinden sich derzeit mit ihren Aktivitäten im Labormaßstab und arbeiten an der Skalierung und Weiterentwicklung der Technologie, sodass eine Marktreife in 5-7 Jahren erwartet werden kann. Ein Fokus in der Weiterentwicklung der vielversprechenden Technologie liegt auf polymer-basierten elektrokalorischen Wärmepumpen der Zukunft. Die Forschenden sind dazu für Folgeprojekte offen und stellen die aktuellen Ergebnisse im Rahmen der Konferenz PSE 2024 vom 2.-5. September 2024 in Erfurt vor.

Fraunhofer FEP zur PSE – 19th International Conference on Plasma Surface Engineering 2024


Ausstellung
3. – 4. September 2024
INPLAS-Stand Nr. 24-26
Congress Center Erfurt
https://pse-conferences.net

Konferenz
Montag, 2. September 2024

Session S03: Optical, electronic and magnetic coatings I
Christian-Reichard Saal

14:45 – 15:00
OR0302: Transparent high permeation barrier coatings for flexible large-area opto-electronics (#467)
P. Schlenz et. al, Fraunhofer FEP

16:45 – 17:00
OR0308: Sputter deposited Aluminumoxynitride films for applications as electricals isolating, thermally conductive films (#379)
H. Bartzsch et. al, Fraunhofer FEP

Dienstag, 3. September 2024

Session S08: Environmental Applications
Car Zeiss Saal links

15:00 – 15:15
OR0801: Magnetron-sputtered thin films enabling heat transfer enhancement in electrocaloric heat pumps (#303)
M. Barrera Marin et. al, Fraunhofer FEP

16:45 – 17:00
OR0806: High-rate deposition of Al-Mo multilayers and their potential for corrosion protection (#583)
F. Fietzke et. al, Fraunhofer FEP

Session S09: Physical vapour deposition II
Carl Zeiss Saal rechts

17:00 – 17:35
OR0907: Large area antipathogenic surfaces based on crystalline TiO2 thin films processed by PVD in combination with Inline Flash Lamp Annealing (#461)
T. Preußner et. al, Fraunhofer FEP

Mittwoch, 4. September 2024

Session S12: Biomedical and agriculture applications
Carl Zeiss Saal links

12:45 – 13:00
OR1208: Opportunities and challenges for the use of plasma-activated water as a germicidal agent (#225)
L. Steinhäußer, Fraunhofer FEP

Session S13: Physical vapour deposition III
Carl Zeiss Saal rechts

10:45 – 11:00
OR1302: Influence of oxygen incorporation on film properties of magnetron sputtered AlScN thin films (#376)
S. Barth et. al, Fraunhofer FEP

 

Fraunhofer-Leitprojekt „Elektrokalorische Wärmepumpen (ElKaWe):

Das Fraunhofer-Leitprojekt ElKaWe startete am 1. Oktober 2019 und hat eine Laufzeit von vier Jahren. Das Projekt wird von der Fraunhofer-Gesellschaft mit insgesamt 8 Millionen Euro gefördert.

Am Projekt beteiligt sind folgende Fraunhofer-Institute:

  • Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM (Projektkoordination)
  • Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS
  • Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF
  • Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP
  • Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF
  • Fraunhofer-Institut für Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP

Weitere Informationen: www.elkawe.org