Elektronen als nachhaltige Alternative zur chemischen Behandlung von Saatgut
Die Behandlung von Saatgut mittels beschleunigter Elektronen ist eine nachhaltige Alternative zur chemischen Beizung. In 2023 konnte die mobile Anlagenplattform ISABEL erfolgreich weiterentwickelt werden.
Seit über 25 Jahren ist die schonende Behandlung von Saatgut mittels beschleunigter Elektronen als nachhaltige Alternative zur chemischen Beizung ein wichtiges Arbeitsgebiet am Fraunhofer FEP. Das an unserem Institut entwickelte Verfahren nutzt niederenergetische Elektronen, um Pathogene in der Samenschale dauerhaft und ohne Ausbildung resistenter Keime abzutöten, während der Embryo unbeeinflusst bleibt. Das Verfahren wirkt rein physikalisch, daher gibt es keine giftigen Stäube, Belastung von Boden und Grundwasser oder chemischen Rückstände, sodass beispielsweise nicht ausgebrachtes Saatgut bedenkenlos an Nutztiere verfüttert werden kann.
Um das Verfahren einfach in bestehende Aufbereitungsprozesse zu integrieren, hat das Fraunhofer FEP die containerbasierte Anlagenplattform ISABEL entwickelt. Eine solche Anlage kann bei Großhändlern stationär vor Ort eingesetzt werden oder auch mobil verschiedene Standorte kleinerer Saatgutbetriebe bedienen. Seit der Auslieferung zweier ISABEL-Anlagen an Saatgutproduzenten, zuletzt im Jahr 2018 an das Saatgutzentrum Hainichen der BayWa AG, hat das Fraunhofer FEP in enger Zusammenarbeit mit den Endnutzern wertvolle Erfahrungen über die Prozess- und Anlagenperformance gesammelt. Darauf basierend haben wir 2022/2023 unsere mobile Anlagenplattform ISABEL erfolgreich weiterentwickelt und konnten die Technologie mit einer neuen Pilot-anlage an einen weiteren Kunden überführen.
Die Elektronenbehandlung von Saatgut ist ein herausragendes Beispiel für die prozessorientierte Entwicklung von Hardware am Fraunhofer FEP. Die Optimierung der Elektronenquellen beispielsweise erfordert ein tiefes Verständnis mechanischer, elektrischer und physikalischer Eigenschaften und Effekte. Zugleich sind anlagentechnische Kompetenz und Prozesserfahrung aus der konkreten Anwendung nötig, um die Technologie in Form einer produktionstauglichen Anlage zu überführen. Die enge Zusammenarbeit zwischen der Abteilung „Spezielle EB-Systeme und Technologien“ und dem Bereich „Systeme” ermöglichte eine zielgerichtete Weiterentwicklung nicht nur der Elektronenquellen, sondern auch der Gesamt-anlage und Technologie.
Auch im Jahr 2024 arbeitet das Fraunhofer FEP mit verschiedenen Partnern aktiv an der Entwicklung der physikalischen und biologischen Behandlung von Saatgut weiter. Sowohl in Industrieaufträgen als auch in öffentlich geförderten Projekten leisten wir damit unseren Beitrag für Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft.